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Jiu-Jitsu in Deutschland: Die stille Revolution der sanften Kunst

In den deutschen Trainingshallen vollzieht sich eine stille Revolution – fernab von medialem Trubel und olympischem Glanz. Jiu-Jitsu, die alte Kunst der Samurai, hat hier eine neue Heimat gefunden und sich dabei unmerklich verändert. Was einst als exotische Selbstverteidigung galt, ist heute ein lebendiger Teil der deutschen Kampfsportlandschaft.

Die Geschichte des deutschen Jiu-Jitsu beginnt im frühen 20. Jahrhundert, als erste Pioniere die Techniken aus Japan mitbrachten. Doch erst in den 1970er Jahren fand die Disziplin ihren wahren Platz – nicht in großen Arenen, sondern in den unzähligen Vereinen, die bis heute das Rückgrat des Sports bilden. Namen wie Horst Wolf oder Franz-Josef Gresch prägten eine ganze Generation von Lehrern, die Jiu-Jitsu als Lebensphilosophie verstanden.

Was die deutsche Jiu-Jitsu-Szene besonders macht, ist ihre pragmatische Herangehensweise. Während in Brasilien das sportliche BJJ dominierte und in Japan die traditionellen Schulen, entwickelte Deutschland einen eigenen Stil: technisch präzise, aber an die europäischen Körperformen angepasst. In Vereinen wie dem JJJC Hamburg oder dem TSV München-Ost wird diese Kunst bis heute gepflegt – oft im Verborgenen, aber mit ungebrochener Leidenschaft.

Die Polizeiausbildung wurde zum unerwarteten Motor der deutschen Jiu-Jitsu-Entwicklung. Seit den 1980er Jahren ist die sanfte Kunst fester Bestandteil der Polizeitrainings – ein Beweis für ihre praktische Wirksamkeit. Gleichzeitig entstanden spezielle Selbstverteidigungskurse für Frauen, die Jiu-Jitsu von einer Kampfkunst zu einem Werkzeug der Emanzipation machten.

Heute steht die deutsche Jiu-Jitsu-Szene vor neuen Herausforderungen. Die Konkurrenz durch trendigere Kampfsportarten ist groß, der Nachwuchs muss mühsam gewonnen werden. Doch wer einmal in einer der alten Trainingshallen war, wo seit Jahrzehnten dieselben Techniken gelehrt werden, spürt: Diese Kunst wird überleben. Nicht durch laute Marketingkampagnen, sondern durch ihre stille Überzeugungskraft.

Denn im Kern ist Jiu-Jitsu in Deutschland geblieben, was es immer war: Eine Schule des Lebens, die Geduld lehrt, Respekt verlangt – und manchmal eben auch hilft, sich im Ernstfall zu verteidigen. In einer Welt der schnellen Trends ist das vielleicht ihr größter Wert.

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